Wachstumsschübe

Beltane – Die Zeit der Wachstumsschübe. Alles blüht, die Kraft, die sich in der Erde lange Zeit im Stillen gesammelt hat, sprudelt hervor und verzaubert die Welt in ein Meer aus Leben.

Ich habe lange gesucht, um herauszufinden, was ich will. Es müssen Großartigkeiten sein, mein Leben soll schließlich einen ordentlichen Sinn ergeben.
Aber ich fühle mich nicht großartig. So viele fiese kleine Stimmen in mir, die behäbig lachen, wenn zarte Inspirationen durchkommen. Wenn motivierte Teile in mir einen Glücksluftsprung machen und mich antreiben, loszulegen, und ich spüre, wie endlos viel Energie durch meinen ganzen Körper fließt und ich kaum weiß, wo ich anfangen kann.
Dann sitzen sie da, in einer Ecke, mit einem Kichern, das immer lauter wird und irgendwann in schallendes Gelächter ausartet. Sie kommen hervor, werden immer mehr, und ihre spitzen Fragen durchbohren mich: „Bist du sicher? Kannst du das? Bist du nicht ein kleines bißchen größenwahnsinnig? Hast du die Kraft dafür? Hast du die Zeit dafür? Was ist mit den Kindern? Was ist, wenn du es nicht schaffst?“ Die Fragen werden irgendwann zu Aussagen: „Das ist zu schwer. Das ist zu viel. Das schafft man nicht alleine. Andere vielleicht, aber du nicht. Dafür bist du nicht gemacht. Dafür fehlt dir Rückgrat. Dafür fehlt dir Mut. Dafür fehlt dir Kraft. Dafür fehlt dir Wissen. Dafür fehlt dir Klarheit. Dafür fehlt dir Struktur.“ Und letztendlich: „Du bist nicht gut genug. Du bist nicht jung genug. Du bist nicht schön genug. Du bist nicht schlau genug, du bist nicht schnell genug, du bist nicht inspiriert genug, du bist nicht kreativ genug, du bist nicht ausdauernd genug. Hör auf damit.“
Meistens glaube ich ihnen. Und ziehe mich in mein bekanntes Leben zurück. Mache es mir gemütlich und rede es mir schön. Alles ist gut, du bist wunderbar, du hast viel geschafft, du hast es bis jetzt geschafft, hier ist es gut, alles ist gut. Und das Bleiben in meiner sogenannten Komfortzone beruhigt mich und lässt die Stimmen in meinem Kopf zufrieden in ihre Ecke zurückschlendern, wo ich sie nicht sehen muss.
Ich mache weiter. Ein kleines bißchen demütiger. Ein kleines bißchen resignierter. Ein kleines bißchen „realistischer“. Ein kleines bißchen müder.

Und doch gab es Zeiten, in denen ich Dinge geschafft habe. In denen die lachenden, fiesen Stimmen in mir doch zu langsam oder zu schwach waren, die motivierten und freudigen zu stark.
Als ich nach der Trennung das kleine Fachwerkhaus für mich und die Kinder gefunden habe, das perfekt für uns war, in jeder Hinsicht.
Als ich Jahre später unser jetziges Haus gefunden habe, als ich es renoviert und unser Zuhause geschaffen habe.
Große Veränderungen in meinem Leben, deren Ursachen mich aus meiner Komfortzone hinauskatapultiert haben, und die ich bewältigen konnte.

Woran lag das? Wieso konnte ich das?

Ich liege bäuchlings auf der Erde, Arme und Beine weit ausgebreitet, die Stirn im Gras, das meine Haut kühlt. Die Augen geschlossen, die restlichen Sinne weit offen, um mich einbetten zu lassen in die Kraft der Erde, den Kreislauf des Seins, mich hinzugeben, mich durchfließen zu lassen und Teil von allem zu sein, was ist.


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