In Wellen

Neubeginn

Ich sitze im Gras dieses kleinen, sonnigen, wilden und unperfekten Stück Gartens, das ich seit etwa zwei Jahren mein eigen nenne (wenn man mal die Bank außen vor lässt). Bienen und Hummeln tummeln sich um mich herum und schlürfen genüsslich ihr Mittagsmahl aus den Blüten von Gundermann und Lungenkraut. Diese Namen habe ich letzte Woche gelernt von meinen pflanzenseelenverwandten Freundinnen, die ich über alles liebe und die trotz meiner ganzen verrückten, depressiven, mich selbst isolierenden Art seit langem meine Freundinnen sind und wohl so bald nicht damit aufhören wollen. Was mich immer mal wieder in Erstaunen versetzt, mich heimlich fragen lässt „Echt…?“ Und mich beim sofort folgenden „Ja“ jedesmal neu diebisch und kindlich kichern und mich freuen lässt. Sie sind einfach da. Ein perfektes Netz aus Liebe, Sicherheit, Neugier, Halt, Antrieb, Wachstum und Freude. Leben.

Ich bin Mutter, die nicht multitasken kann (jedenfalls denke ich das), Schwester meiner Lieblingsschwester, Tochter, Freundin, Hausbesitzerin (wie gesagt, die Bank…), Gartenneugierige, Bewegungsfreudige mit hohem Schlaf- und Ruhebedürfnis, neugierig und mich selbst begrenzend, glücklich und depressiv, wissend, dass ich alles schaffen kann und sicher, dass ich zu nicht all zuviel in der Lage bin.
Ich kann beides. Ich kann hoch energetisiert, begeisternd und zielstrebig sein, und lethargisch, starr und antriebslos, lasse die Zeit verrinnen zwischen meinen Fingern, die Minuten, Stunden, Jahre.

Am Ende des Tages begrenze ich mich selbst, und zwar meistens äußerst erfolgreich. Das Universum endet kurz hinter dem Horizont, der Tellerrand ist so hoch, dass ich froh sein kann, dass Licht darüber fällt und ich in meiner kleinen Welt sehe, was passiert und dort soweit zurecht komme.
Oft glaube ich mir, manchmal nicht. In diesen Momenten schaffe ich Dinge. In diesen Momenten ist das Universum unendlich. Und der Geist so weit, dass so vieles in mich hineinströmt, dass ich überflute.

Die Hummeln sind so laut, dass es fast unangenehm ist. Vielleicht aber auch nur in Verbindung mit den Stimmen aus den Nachbargärten hinter den Hecken und Bäumen, dem permanenten Geräusch der Säge, das vom übernächsten Grundstück kommt, auf dem eine große steinerne Scheune steht, die der Besitzer gerade umbaut, um einen Ort zu haben, an dem er leben kann.
Mit welcher Beharrlichkeit er seinen Plan umsetzt. Schritt für Schritt, eine Sache nach der anderen. Manchmal mit Hilfe, manchmal alleine. Und manchmal sieht man ihn noch spät abends, wenn es schon fast dunkel ist, im Schein einer Lampe die letzten Dinge des Tages tun. Kontinuierlich, unerbittlich. Ob er an seinem Können zweifelt? Oder ob er nicht nachdenkt darüber, weil es keine andere Option gibt außer die, fertig zu werden, wenn die Zeit da ist.

Was will ich?
Was brauche ich dafür?
Habe ich das?
Hatte ich es mal?
Hab ich es manchmal?
Wann hatte ich es?
Wann habe ich es noch?
Wie kann ich es wieder hervorholen?